Zevenjaarsfasen
Anthroposophie und Waldorfpädagogik

Die Jahrsiebte

Wenn man die menschliche Entwicklung aus anthroposophischer Sicht betrachtet, so befindet sich der Mensch stets in einem der Jahrsiebte, in der er sich auf einer bestimmten Ebene intensiver entwickelt. Vom Säugling zum Schulkind, zum Teenager, zum Erwachsen und so weiter, bis zum Lebensende. Je mehr man über die jeweilige Entwicklungsphase eines Kindes weiß, desto besser kann man ein Kind in seiner Entwicklung begleiten.

In diesem Artikel beschreibe ich, was der Entwicklungsweg des Kindes im Lichte des viergliedringen Menschenbildes ist.

Hör dir diesen Text als Podcast über YouTube an.

Von 0 bis 7 Jahren: Vom Säugling zum Schulkind

Wenn ein Baby geboren wird, wird der physische Körper geboren, aber dieser Körper ist noch nicht fertig. In den ersten 7 Jahren, vom Säugling bis zum Schulkind, macht der physische Körper eine unglaubliche Entwicklung durch. Alle Energie in diesen ersten Jahren fließt in das körperliche Heranwachsen, die Aufrechterhaltung der Körpertemperatur, die Verdauung fester Nahrung, das Laufenlernen, das Sprechenlernen, die Entwicklung des Nervensystems, das Klettern, Tanzen, Singen usw.. Nie im Leben wächst ein Mensch körperlich so sehr, wie in dieser Phase, und das sind alles Prozesse, die der Körper unbewusst oder durch Nachahmung erlernt.

Das kleine Kind ist noch Eins mit der Welt um sich herum. Äußere Einflüsse haben immer noch einen großen Einfluss auf das sich entwickelnde Kind. Alles, was das Kind über die Sinne wahrnimmt, wird absorbiert. Als Elternteil hast du daher eine wichtige Rolle. Du bist das Vorbild und das kleine Kind ahmt dich nach; deine Worte, deine Handlungen und sogar die Intention hinter dem, was du tust und sagst, wird von dem kleinen Kind aufgesogen.

Unterstützung bei der Entwicklung

Um ein Kind in dieser Phase bestmöglich zu unterstützen, ist es schön, wenn sich das Kind in einer Welt des Guten geborgen fühlt. In einer liebevollen, positiven, vertrauten Umgebung, die die Eltern oder Betreuer schaffen. Der Ätherleib des Kindes steht noch voll im Dienst des physischen Leibes und deshalb ist das Kind abhängig von unseren umhüllenden Lebenskräften. Du bietest einen rhythmischen Ablauf des Tages, der Woche und des Jahres. Du sorgst dafür, dass Dein Kind genügend Ruhe und Schlaf bekommt. Du pflegst Dein Kind, wenn es krank ist. Du sorgst für gesunde Ernährung und Grenzen, für Raum und Zeit, um Dein Kind frei spielen zu lassen, damit es sich gesund entwickeln kann.

7 - 14 Jahre: Vom Schulkind zum Teenager

Ab dem Alter von 6 oder 7 Jahren beginnt ein Kind, schulreif zu werden. Man sieht es an der Art des Spielens, denn es gibt mehr Abstand zum phantasievollen Spiel. Die Zeichnungen ändern sich, weil sie jetzt eindeutig ein Oben und ein Unten haben. Auch der physische Körper zeigt, dass er fast "fertig" ist, denn um die Schulreife herum machen die Milchzähne Platz für die bleibenden Zähne der Erwachsenen. Kinder wollen lernen und sich der Welt auf eine andere, bewusstere Art nähern.

In dieser Lebensphase sind Kinder fest in ihrem eigenen Körper angekommen. Der Ätherkörper steht nicht mehr vollständig im Dienst des physischen Wachstums. Es ist nun sozusagen Platz für den Erwerb von Gewohnheiten, Gewissen, Gedächtnis und Temperament. Die Außenwelt tritt zwar ein, ist aber nicht mehr ungefiltert. Eindrücke werden aufgenommen, verarbeitet und persönlich gemacht.

Unterstützung bei der Entwicklung

Das Kleinkind wuchs durch Nachahmung; das Schulkind sucht sich selbst Vorbilder. Ein Held oder ein Idol, jemand aus dem realen Leben oder aus Bildergeschichten geben dem Kind eine Richtschnur für die Entwicklung seines Gewissens. Wo das inspirierende Bild die Seele des Kindes berührt, kann ein Impuls für ein sich reich entwickelndes Gefühlsleben entstehen. Das Kind formt seine eigenen Vorlieben, entwickelt Normen und Werte und will sich in der Welt platzieren, indem es Gutes tut. Indem man Kindern die Möglichkeit gibt, sich auszudrücken (durch Kunst, Musik, Sport, Theater oder was auch immer), lernt das Kind, sich selbst zu verstehen. Gelingt dies dem Kind in Harmonie, erblüht das Kind in einer Welt der inneren Schönheit.

14 - 21 Jahre: von der Pubertät bis zum jungen Erwachsenenalter

In der Phase der Pubertät entwickelt ein junger Mensch ein neues Verhältnis zur Welt. Aus Wissen wird nun langsam Einsicht. Junge Menschen, die auf der Suche nach ihrer eigenen Wahrheit sind, fühlen sich oft missverstanden. Sie entwickeln eine distanzierte Sichtweise auf die Welt und auf die Gefühle und Emotionen der Menschen. Die Welt tritt nicht mehr in der Weise in sie ein, wie sie dies bei jüngeren Kindern der Fall war. Der Blick der Kinder auf die Außenwelt ist nun manchmal etwas einseitig, mit einem festen Urteil über das Wahrgenommene. Die Entwicklungen gehen schnell. Bewusstseinsimpulse, eine kritische Distanz, die Meinung anderer und die eigenen Wünsche wechseln sich in großer Geschwindigkeit ab und das macht mitunter unsicher.

In dieser Phase schlägt der Heranwachsende eine Brücke zwischen der Art und Weise, wie er sich als Kind hat führen lassen, und der Art und Weise, wie der junge Erwachsene sich selbst führt. Diese Brücke nennt man Pubertät.

Unterstützung bei der Entwicklung

Um diese Phase zu unterstützen, wird von den Eltern ein allmählicher Übergang vom Stellen von Grenzen zum Ermöglichen von Freiheiten verlangt. Gute Gespräche über das Warum von etwas, über gelungene oder weniger gelungene Freiräume sind notwendig, um die Bindung zu unseren Kindern warm zu halten. Konflikte sind aber auch wichtig, damit junge Menschen lernen, ihre eigene Meinung zu formulieren. Was will ich? Was denke ich? Warum will ich das? Es liegt an uns, authentisch zu sein, die Welt mit Positivität und Interesse zu betrachten, in Diskussionen erwachsen zu bleiben und gut zuzuhören. Unser starkes "Ich" ist gefragt, damit junge Menschen unsere Werte, unsere Überzeugungen und unsere Denkweise widerspiegeln können. Und häufig ist Humor ein hervorragender Ratgeber in pubertären Hochphasen. Humor lässt uns relativieren und kann eine neue Öffnung schaffen im festgefahrenen Pubertätsdrama.

21 - 28 Jahre: vom jungen Erwachsenen bis zum Erwachsensein

Ab dem 21. Lebensjahr kann man von der Geburt des Ichs sprechen. Bei der Hälfte aller bisherigen Phasen gab es einen sogenannten Ich-Einschlag. Als Kleinkind lernt das Kind, zu sich selbst "Ich" zu sagen. Im Alter von 9 bis 10 Jahren fühlt sich das Kind nicht mehr als natürlicher Teil seiner Eltern und zieht sich mehr in sich selbst zurück. In der Pubertät wird dem Jugendlichen bewusst, dass er ein Individuum in der Welt ist und seine eigene Welt gestalten muss. Ab dem Erwachsenenalter hat der Ich-Organismus das Ruder in der Hand. Das Zusammenspiel von Außen- und Innenwelt ist in Harmonie.

Durch das Ich sind die Menschen in der Lage, sich selbst zu reflektieren und frei zu handeln. Durch das Ich können wir für Ideale einstehen und wir sind in der Lage, ein Leben lang an innerem Wachstum und individueller Entwicklung zu arbeiten. Das Ich ist in der Lage, unseren physischen Körper und unseren Ätherkörper durch einen gesunden Lebensstil zu pflegen. Das Ich ist auch in der Lage, den Astralkörper zu kontrollieren, indem es unsere Instinkte und Triebe zügelt. Und diese Pflege und Kontrolle all dessen, was wir sind, wirkt sich auf die weitere Entwicklung des Bewusstseins des Ichs aus.

Unterstützung bei der Entwicklung

Ab dem Erwachsenenalter nimmt Deine Rolle als Elternteil eine andere Bedeutung an. Das Kind verlässt das Haus, trifft seine eigenen erwachsenen Entscheidungen und Du kannst als Gesprächspartner und liebevoller Begleiter dabei sein. Du kannst beim Lernen der Reflexion helfen, indem Du fragst, warum bestimmte Entscheidungen getroffen wurden. Du kannst über den Platz dieser Person in der Welt und die Verfeinerung ihrer Ideale sprechen.

Die sieben Jahresphasen im Erwachsenenalter

So weit die Jahrsiebte von der Kindheit bis zum Erwachsenwerden. Die Sieben-Jahres-Zyklen setzen sich aber auch noch im Erwachsenenalter weiter fort. Ich werde hier nicht im Detail auf diese Phasen eingehen können, aber gänzlich unerwähnt lassen möchte ich sie auch nicht:

Zevenjaarsfasen generaties28-35 Jahre, die Phase der Einsicht: Ich weiß, wer ich bin und wo ich hin will. Ich untersuche noch, wie ich dorthin komme.

35-42 Jahre, die Phase der Entfaltung: Ich weiß, wie ich mein Ziel in diesem Leben erreichen kann. Wenn sich der Weg bis hierhin nicht richtig angefühlt hat, ist jetzt die Zeit, mich zu reinigen und neu zu beginnen.

42-49 Jahre, die Phase der Einzigartigkeit: Ich folge in Zufriedenheit dem Weg meines selbst gestalteten Lebensweges.

49-56 Jahre, die Phase der Übersicht: Ich habe meine Aufgaben in diesem Leben und kann nun Dienst tun oder meine Lebenserfahrungen teilen.

56-63 Jahre, die Phase der Intuition: die Manifestation des Menschen als Individualität.

63-70 Jahre und darüber hinaus, die Phase der Vorbereitung: Der Mensch bereitet sich innerlich auf das Leben nach dem Tod vor. Die Erfahrungen dieses Lebens werden als zu Ihrer Biografie gehörend akzeptiert. Wenn das nicht funktioniert, erstarren die Menschen in einem Gefühl von Angst, Sinnlosigkeit und Leere. Wenn es ihnen aber gelingt, strahlen sie Liebe und Weisheit aus und ein volles Vertrauen über den Weg, der nach dem Tod zu gehen ist.

 

Weiter lesen?
Jahrsiebte: Naturgegebenheit oder gesellschaftliches Konstrukt?
Individuelle Übergänge. Ein Aufruf zur Beobachtung

Ein Kommentar

Hinterlasse eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .